S.P.O.N. - Fragen Sie Frau Sibylle
Jede Nachricht ist eine schlechte NachrichtEine Kolumne von Sibylle Berg
Was nützt unser Zorn? Wir sind informiert über alles Widerwärtige, was Menschen in aller Welt tun. Doch der Welt ist es egal, wenn wir darüber wütend sind. Uns hilft die Wut auch nicht, wir kriegen ja nicht mal unser eigenes Leben in den Griff. Vielleicht bekäme uns ein Blick in bedächtigere Medien.
Die Wut kam nach der Information. Selektiert durch ängstliche Redakteure, die meinen zu wissen, mit welcher politischen Wahrnehmung der Leser rechnet, glauben wir zu wissen, was in der Welt passiert. Was uns erreicht ist alles, was Menschen an Widerwärtigem zu leisten vermögen. Und das ist viel.
Bomben in Gaza auf der einen, islamischer Hassprediger, der zum Judenmord aufruft, auf der anderen Seite. Zwangsverheiratete elfjährige Türkin, Neues vom Bundespräsidenten, und irgendein Mist läuft in Amerika sicher auch immer. Wir gehen davon aus, dass die Welt ein Haufen Ausscheidungen ist, und nur wir, in der kleinen Zelle unserer Freunde und Familien, machen es besser. Wissen es besser. Wir sind informiert.
Dass es irgendwo auf der Welt außer uns noch vernünftige Menschen geben könnte, die ihre Frauen weder steinigen noch in Säcke stecken, die ihre Nachbarn nicht mit Macheten massakrieren, die ihre Kinder nicht in Keller pflanzen, erfahren wir nur auf Randgruppensendern wie Arte oder 3 sat. In Magazinen wie "Reportagen" oder "National Geographic". In bedächtigen Medien, die normale Menschen bei normalen Verrichtungen zeigen. Das ist ein wenig langweilig, vielleicht, wenn man an schnelle Schnitte, hohles Gottschalk-Gequatsche oder aufgeregte Reporter vor Leichenhaufen gewohnt ist, könnte aber durchaus bekömmlich sein.
Denn die schlechte Nachricht auf dem Gipfel aller schlechten Nachrichten ist: Außer immer wütender zu werden und sich in kleinen Ventilen wie zum Beispiel Online-Attacken zu entladen, können wir die Welt nicht retten. Denn der Welt sind wir egal.
Es ist gut zu wissen, dass Hugo Boss der Schneider der SS-Uniformen war, doch was hilft es uns? Es ist brillant zu erfahren, dass untergehende Männer sich an Religionen klammern, um sich ihr Versagen und ihre Blödheit nicht eingestehen zu müssen, doch was können wir dagegen tun? Wir in Berlin-Mitte, Erfurt oder Zürich, mit unseren anfälligen Körpern, mit unserem traurigen Verstand, der zu klein ist, um die Beschleunigung der Ereignisse zu verarbeiten. Zu viele Sachen, gegen die man sein muss, zu viele Länder, die man retten muss. Und unser Arbeitsplatz ist auch nicht sicher, unsere Miete steigt, unser Hund ist krank.
Wir stehen da, überfordert, das eigene Leben in den Griff zu bekommen, immer entzieht es sich unserer Bevormundung, und dann eben die Welt. Den anderen geht es noch schlechter, wir sind die Ausbeuter. Uns geht es ja noch so gut, dass alle zu uns wollen, hier leben wollen, wo sollen die nur hin?
Was haben wir bewirkt mit all unserer Wut, weil wir doch gewusst hätten, in welcher Welt die anderen und wir leben sollten? Weder Bahnhöfe noch Startbahnen, weder Atomkraft noch Diskriminierung haben wir verhindern können. Durch Deutschland springen Nazis, der Antisemitismus ist so hoch wie nie, Frauen sind immer noch am Arsch, wenn sie Kinder haben wollen, wollten sie es doch lassen, das Kinderkriegen.
Er nützt uns nichts, unser Zorn. Geschürt durch all die richtigen oder vielleicht auch falschen Informationen, die wir täglich konsumieren, um uns von uns abzulenken, die wir noch nicht einmal das eigene Leben nach unserem Willen formen können.
Jede Nachricht ist eine schlechte NachrichtEine Kolumne von Sibylle Berg
Was nützt unser Zorn? Wir sind informiert über alles Widerwärtige, was Menschen in aller Welt tun. Doch der Welt ist es egal, wenn wir darüber wütend sind. Uns hilft die Wut auch nicht, wir kriegen ja nicht mal unser eigenes Leben in den Griff. Vielleicht bekäme uns ein Blick in bedächtigere Medien.
Die Wut kam nach der Information. Selektiert durch ängstliche Redakteure, die meinen zu wissen, mit welcher politischen Wahrnehmung der Leser rechnet, glauben wir zu wissen, was in der Welt passiert. Was uns erreicht ist alles, was Menschen an Widerwärtigem zu leisten vermögen. Und das ist viel.
Bomben in Gaza auf der einen, islamischer Hassprediger, der zum Judenmord aufruft, auf der anderen Seite. Zwangsverheiratete elfjährige Türkin, Neues vom Bundespräsidenten, und irgendein Mist läuft in Amerika sicher auch immer. Wir gehen davon aus, dass die Welt ein Haufen Ausscheidungen ist, und nur wir, in der kleinen Zelle unserer Freunde und Familien, machen es besser. Wissen es besser. Wir sind informiert.
Dass es irgendwo auf der Welt außer uns noch vernünftige Menschen geben könnte, die ihre Frauen weder steinigen noch in Säcke stecken, die ihre Nachbarn nicht mit Macheten massakrieren, die ihre Kinder nicht in Keller pflanzen, erfahren wir nur auf Randgruppensendern wie Arte oder 3 sat. In Magazinen wie "Reportagen" oder "National Geographic". In bedächtigen Medien, die normale Menschen bei normalen Verrichtungen zeigen. Das ist ein wenig langweilig, vielleicht, wenn man an schnelle Schnitte, hohles Gottschalk-Gequatsche oder aufgeregte Reporter vor Leichenhaufen gewohnt ist, könnte aber durchaus bekömmlich sein.
Denn die schlechte Nachricht auf dem Gipfel aller schlechten Nachrichten ist: Außer immer wütender zu werden und sich in kleinen Ventilen wie zum Beispiel Online-Attacken zu entladen, können wir die Welt nicht retten. Denn der Welt sind wir egal.
Es ist gut zu wissen, dass Hugo Boss der Schneider der SS-Uniformen war, doch was hilft es uns? Es ist brillant zu erfahren, dass untergehende Männer sich an Religionen klammern, um sich ihr Versagen und ihre Blödheit nicht eingestehen zu müssen, doch was können wir dagegen tun? Wir in Berlin-Mitte, Erfurt oder Zürich, mit unseren anfälligen Körpern, mit unserem traurigen Verstand, der zu klein ist, um die Beschleunigung der Ereignisse zu verarbeiten. Zu viele Sachen, gegen die man sein muss, zu viele Länder, die man retten muss. Und unser Arbeitsplatz ist auch nicht sicher, unsere Miete steigt, unser Hund ist krank.
Wir stehen da, überfordert, das eigene Leben in den Griff zu bekommen, immer entzieht es sich unserer Bevormundung, und dann eben die Welt. Den anderen geht es noch schlechter, wir sind die Ausbeuter. Uns geht es ja noch so gut, dass alle zu uns wollen, hier leben wollen, wo sollen die nur hin?
Was haben wir bewirkt mit all unserer Wut, weil wir doch gewusst hätten, in welcher Welt die anderen und wir leben sollten? Weder Bahnhöfe noch Startbahnen, weder Atomkraft noch Diskriminierung haben wir verhindern können. Durch Deutschland springen Nazis, der Antisemitismus ist so hoch wie nie, Frauen sind immer noch am Arsch, wenn sie Kinder haben wollen, wollten sie es doch lassen, das Kinderkriegen.
Er nützt uns nichts, unser Zorn. Geschürt durch all die richtigen oder vielleicht auch falschen Informationen, die wir täglich konsumieren, um uns von uns abzulenken, die wir noch nicht einmal das eigene Leben nach unserem Willen formen können.